Obwohl wir auf dem Weg zur Klimaneutralität knapp 2/3 unserer Primärenergie werden einsparen müssen, wird das Stromnetz, das aktuell nur ca. 20 % davon ausmacht,
als ganzes wachsen. Wärmepumpen, die Elektrifizierung des Verkehrssektors und die Umstellung vieler industrieller Prozesse auf CO2-freie Verfahren werden
einen Ausbau des Stromnetzes um Faktor 1,5 bis 2,5 erforderlich machen.
Zum bundesweiten Modell
Gleichzeitig muss das Stromnetz mit dem schwankenden Angebot erneuerbarer Energien klar kommen. Daher gibt es hier erhebliche Probleme zu lösen.
Bei einer erheblichen Steigerung der Stromnachfrage, verknüpft mit weiteren Transportwegen, da die erneuerbaren Erzeuger auf die ganze Landesfläche verteilt sind und nicht, wie konventionelle Kraftwerke, genau dort stehen, wo viel Strom gebraucht wird, ist ein Ausbau der Übertragungsnetze unausweichlich. Für die geplanten Nord-Süd-Trassen wird zunehmend auf Gleichstromübertragung (HGÜ) gesetzt.
Während bei DHÜ mögliche, gesundheitliche Beeinträchtigungen bei Menschen, die sich dauerhaft im Raum der Energieübertragung aufhalten, diskutiert werden, sind die statischen Felder der HGÜ in der gegebenen Intensität vollkommen unbedenklich. Freileitungen, deren Masten so hoch sind, dass unter den Leitungen noch mittelgroße Bäume wachsen können, stellen auch für die Natur nur eine moderate Belastung dar.
Daher soll Hessen für alle HGÜ-Projekte eine geeignete Trasse als Freileitung genehmigen.
Das ist längst überfällig.
Auch mit schnellem Netzausbau bleibt die Übertragung von elektrischer Energie eine teure Herausforderung. Derzeit gibt es eine große Strompreiszone für ganz Deutschland. Das sorgt für Probleme: Wenn z. B. große Mengen Windstrom in Norddeutschland anfallen, fällt der Strompreis überall. Dann nutzen energieintensive Industrien in Süddeutschland die Gelegenheit, ihre Produktion hochzufahren und Strom wird nach Östereich und in die Schweiz exportiert.
Wenn das Stromnetz die Leistung aber nicht von Norden nach Süden transportieren kann, müssen trotzdem wieder Kohle- oder Gaskraftwerke in Süddeutschland hochfahren
während die Windenergieanlagen an der Küste abgeregelt werden. Diese erhalten dann trotzdem ihre Vergütung, was das ganze System recht teuer macht. Im Moment
betrifft das nur ca. 1 % der Energiegewinnung
Um nicht nur zeitlich, sondern auch örtich eine Anpassung des Verbrauchs an das Abgebot erneuerbarer Energien zu fördern, muss der Energietransport eingepreist werden.
Eine leicht realisierbare Möglichkeit dafür ist, Deutschland in mehrere Strompreiszonen einzuteilen. Hessen gehört zu den Ländern, die das blockieren.
Eine Stärke von Kapitalismus und Marktwirtschaft ist, dass sich das System unter entsprechendem Preisdruck durchaus an veränderte Bedingungen anpassen kann. Mit einem künstlich einheitlich gehaltenem Strompreis für ganz Deutschland oder gar einem gesonderten, reduzierten Industriestrompreis betreibt man eine Deoptimierung der Wirtschaft entgegen physikalischer Rahmenbedingungen. Wir wollen daher die Aufteilung Deutschlands in mehrere Strompreiszonen voran bringen.
Auch, wenn man eine optimistisch hohe Nutzung der Dachflächen für Photovoltaik annimmt, werden wir noch 1 bis 3 % unserer Ackerfläche für PV-Anlagen nutzen müssen. Das ist kein Problem im Hinblick auf die großen Ackerflächen, auf denen Mais für die Erzeugung von Biogas angebaut wird (Siehe unten).
Dennoch sehen wir neue PV-Parks, wo die Module zunehmend dicht and dicht gestellt werden und nur wenig Platz für eine Wiese lassen, auch kritisch. Schon heute fällt
der Strompreis bei klarem Wetter tagsüber oft auf Null.
Der Strom aus PV-Parks mit Südausrichtung wird also in Zukunft immer schwerer zu vermarkten sein. Daher sind zunehmend Anlagen mit Ost-West-Ausrichtung von Interesse. Besonders interessant ist hier Agri-PV mit bifazialen Modulen. Bei diesen wird auf jede Seite des Siliziumwavers eine Fotodiode aufgetragen, das Modul beidseitig in Glas verpackt und vertikal auf einem Acker aufgestellt. Solche Anlagen liefern morgens und abends höhere Erträge, als die nach süden ausgerichteten Solarparks.
Unabhängig von der Bauform ist ein größerer Aufwand erforderlich, um abgelegene Flächen mit Stromleitung usw. zu erschließen, sodass dort eine Anlage entstehen kann.
PV-Parks mit einer installierten Leistung von unter 6 MW sind als Investitionsprojekte daher zunehmend uninteressant. Bei vertikalen Modulen muss viel mehr Platz
zwischen den Reihen gelassen werden, damit sich diese bei niedrigem Sonnenstand nicht zu sehr verschatten. Um damit eine installierte Leistung von 6 MW zu erreichen,
werden mehr als 15 ha Fläche benötigt.
Bifaziale Projekte scheitern derzeit in Südhessen daran, dass das Regierungspräsidium in Darmstadt nur höchstens 5 ha als zusammenhängende Fläche für PV
genehmigt.
Auf stolzen 14 % unserer landwirtschaftlich genutzen Fläche werden Pflanzen zur energetischen Nutzung (Biogas oder -diesel) angebaut.
PV-Anlagen schaffen 20 mal höhere Energieerträge pro Fläche.
Von dieser rücksichtslosen Nutzung von Biomasse müssen wir schnellstens weg kommen. Gleichwohl sind viele Landwirt*innen von den Erträgen aus Biogas und
den damit verknüpften Agrarsubventionen abhängig. Die Situation wird sich noch verschärfen, wenn die EU im Zuge von Mercosur den Importzoll auf Zucker senkt
Die Landwirtschaft ist kaum in der Lage sich anzupassen, da in Deutschland nurnoch 1,4 % der der Erwerbstätigen in diesem Bereich arbeiten. Die verbleibenden
Landwirt*innen sind oft stark überarbeitet, ihre Höfe verschuldet.
Landwirtschaft darf nicht mehr ausschließlich als Primärsektor zur Herstellung von Agrarprodukten betrachtet werden, sondern kann auch Dienstleisterin für die Schaffung biodiverser Lebensräume sein. Wir brauchen eine Stilllegungsprämie für Biogasanlagen, die nicht an das Gasnetz angeschlossen sind. Vorrübergehend sollen solche Anlagen nurnoch in den Wintermonaten laufen. Als Energiepflanze, die eine bessere Ökobilanz als Mais aufweist, kann auch die durchwachsene Silphie angebaut werden. Landwirt*innen brauchen dafür eine Biodiversitätssubvention, die die Agrarsubventionen und die EEG-Förderung des Biogases ersetzt.
Viele Windvorranggebiete in Hessen sind im laufenden Prozess verworfen worden.
Ein Problem ist, dass die Gewinne von Windenergieanlagen am Sitz des Unternehmens versteuert werden, nicht am Standort der Anlagen. Seit der EEG-Novelle 2021
Wir halten es für sinnvoll, bedingt höhere Kosten in Kauf zu nehmen, um Windnenergie durch PV zu ersetzen. Da PV-Anlagen nur tagsüber und vornehmlich im
Sommer einspeisen, muss mit einem höheren PV-Anteil sehr viel mehr Aufwand in Speicherung großer Mengen Energie, wie sie mit Power-to-X erreicht wird,
gesteckt werden. Das macht das Gesamtsystem teurer. Ziel ist, dies genauer einzupreisen, sinnvolle Faktoren zu ermitteln, mit wie viel Installierter
PV-Leistung welche Menge an Windenergie gespart werden kann. So soll auch direkte Demokratie für Entscheidungen in Fragen der Energiewende vor Ort möglich werden.
Einen ersten Schritt in diese Richtung macht das Projekt Lokaler Energiewende-Dialog der Leibnitz Universität Hannover.
Der Aufbau von Anlagen im Wald zerstört viel Fläche, wir möchten Verfahren fördern, die mit weniger Fläche auszukommen. Ebenso möchten wir Forschung zur zeitweisen Abschaltung von Anlagen bei Vogel- oder Fledermausflug voran bringen.