Am 21. August wurde Serhii K. in Italien verhaftet.
Eine Aufklärung der Vorfälle ist also wünschenswert. Wir halten es aus Gründen der Staatsraison jedoch für angemessen, dass gegen die Saboteure keine Klage wegen verfassungsfeindlicher Sabotage erhoben wird bzw. sollte der Bundestag eine Generalamnesie in Aussicht stellen.
Deutschland hätte mit dem Angriff auf die Ukraine, spätestens nach dem Massaker in Butcha jedweden Import von russischem Gas einstellen müssen. Immerhin hatte Kanzler Scholz noch im Februar 2022
einen Genehmigungsstopp für Nordstream II verhängt.
Täglich sterben Menschen im Ukrainekrieg auf beiden Seiten. Die ukrainische Armee macht mit Drohnen, die teils auch in Deutschland gefertigt werden
Für sich betrachtet stellt die Sprengung der Pipelines ein Umweltverbrechen dar, da dadurch eine große Menge klimaschädliches Methan freigesetzt wurde, die auch das Ökosystem der Ostsee
beeinflusste. Zwischen 40.000 und 220.000 Tonnen des Treibhausgases gelangten direkt in die Athmosphäre und zwischen 10.000 und 55.000 Tonnen lösten sich im Meerwasser.
Methan zersetzt sich in der Athmosphäre von selbst. In einem linearisierten Modell spricht man davon, dass nach etwa 12 Jahren das bei einer Emission freigesetzte Methan in der Athmospäre abgebaut ist
und zumeist in CO2 umgewandelt wurde. In dieser Zeit ist die relative Änderung der Strahlungsbilanz von Methan pro Kilogramm um Faktor 71 größer, als die von CO2.
Jedoch vermischen sich Gasemissionen nach 1-2 Jahren weitgehend mit der globalen Athmosphäre, sodass zum Zeitpunt dieses Textes keine lokalisierbare Gaswolke aus der Pipelinesprengung mehr existiert. Für die Abbauprozesse muss die Emission also im globalen Kontext betrachtet werden. Und hier ist selbst die pessimistisch geschätzte Menge von 220.000 Tonnen nicht besonders groß. Das Debakel um Nordstream zeigt, wie enorm der jährliche Klimaschaden durch die Nutzung fossiler Energie ist.
Alleine die durch Förderverluste und Methanschlupf verursachten,
direkten Methanemissionen von Deutschland durch die Nutzung von fossiler Energie in einem Jahr übersteigen die der Pipelinesprengung. Schätzungsweise 4% des Erdgases entweichen bei der Förderung unverbrannt
in die Athmosphäre.
Nun ist der Gaspreis seit Angriff auf die Ukraine und dann vor allem durch den Lieferstopp Russlands deutlich gestiegen
Sicher hätten wir all die Jahre das durch den Kauf von günstigem Gas aus Russland gesparte Geld in Klimaschutz investieren können. Haben wir aber nicht. Es ist offensichtlich effektiver, fossile Energie zu verteuern, als zu hoffen, dass günstige Energie mehr Geld für Klimaschutz übrig ließe. Daher gehen wir davon aus, dass die Sabotage der Pipelines langfristig einen positiven Effekt auf das Klima haben wird.
Die Zerstörung der Pipelines stellte einmal mehr auch das Narrativ der Versorgungssicherheit durch fossile Energie in Frage. Interessant ist, dass die Ukraine im Bestreben, eine sichere Energieversorgung
zu schaffen, nun zunehmend auf Wind- und PV-Energie setzt.
Lange Zeit galten Projekte, wie Desertec mit HGÜ-Leitungen in die Nordsahara oder Nordstream II mit wasserstofffähiger Beschichtung zum Import von elektrolytisch gewonnenem Wasserstoff als Lösung der Energiewende. Erdgas sollte dabei als Brückentechnologie dienen. Stattdessen sorgte der niedrige Gaspreis dafür, dass Investitionen in erneuerbare Energie ausblieben. Putin denkt nicht mal daran, Windenergie in Sibirien aufzubauen und mit der Entscheidung zur Erdverkabelung der HGÜ-Korridore haben wir uns die Möglichkeit verbaut, Spannungen, die für den transkontinentalen Energietransport erforderlich wären, in Deutschland nutzen zu können.
Während in Europa wieder Krieg geführt wird und Deutschland vor gewaltigen, demografischen Probleme steht, haben wir nichts besseres zu tun, als Milliarden in kosmetische Fragen wie die Gestaltung des Landschaftsbilds zu investieren und neue, günstige und umweltfreundliche Freileitungen zu verhindern.
Der bestmögliche Ausgang des Konflikts wäre natürlich, dass Menschen in Russland aktiv werden, Putins Regime stürzten und eine echte Demokratie in Russland schufen. Es erscheint jedoch stand heute nahezu ausgeschlossen, dass das passieren wird.
Die Ukraine hat sich mit dem Euromaidan mehrheitlich von der russischen Vorherrschaft ab- und der europäischen Demokratie zugewendet. Mehrheitlich zwar aber nicht vollständig. Zumindest bis vor dem großflächigen Angriff gab es eine relevante Masse an Menschen in der Ukraine, die weiterhin zu Russland tendierten. Die inneren Spannungen führten schließlich zu separatistischen Bestrebungen im Donbass, die natürlich von Putin unterstützt wurden.
Seither sterben in der Ukraine Menschen im Kampf für Demokratie und europäische Werte. So die offizielle Darstellung. Gleichzeitig aber treten wir in Deutschland all das, was in der Ukraine mit hohen Verlusten erkämpft wird, regelrecht mit Füßen. Im Hinblick auf die Wahlerfolge der AfD sieht es heute so aus, als würden sich in Deutschland deutlich mehr Menschen als in der Ukraine eine Oligarchie nach russischem Vorbild wünschen.
Und die großen Volksparteien, die sich von der AfD distanzieren, betreiben fast alle selbst Raubbau an unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Eine ganze Reihe von demokratiefeindlichen
Gesetzen wurde in den letzten Jahren beschlossen: Die Einführung einer Prozenthürde bei Europawahlen
Wir betrachten Demokratie als eine Staatsform, bei der alle Macht beim Volke liegt.
Sind unsere Parlamente in Deutschland 2025 also ein Ausdruck davon, dass die Macht beim Volke liegt und unter den Menschen gleichmäßig verteilt ist? Vielleicht nicht. Somit verwundert es nicht, dass Putin mit seiner
Propaganda in Europa scheinbar erfolgreicher ist, als auf dem Schlachtfeld. Wir schaffen es als Gesellschaft nicht einmal, in Deutschland lebende Russen, die das volle Spektrum unserer Demokratie erleben
dürfen, davon zu überzeugen, dass das hier besser ist, als ein Regime wie das Putins. Noch 2012 schnitt Putin in Deutschland deutlich schlechter ab, als im eigenen Land, doch gelang es
dem Regime, in Deutschland die eigene Wählerschaft besser zu mobilisieren.
Genau so schnitt der rechtsextreme und pro-russische Präsidentschaftskandidat Georgescu bei der rumänischen Wahl in Deutschland 2024 besser ab, als im eigenen Land.
Dass ein gut funktionierender Propagandaapparat Menschen zu falschen Taten verführen kann, sollten wir in Deutschland ja wissen. Auch die Russen, die in der Ukraine bis zum letzten Atemzuge für Putin kämpfend fallen, tun dies im Glauben, auf der richtigen Seite zu stehen. Waffen zu liefern, um diese Menschen zu töten, mag in der aktuellen Lage ausweglos erscheinen, aber vorher sollten alle Mittel, Putins Regime ohne menschliche Verluste zu bekämpfen ausgereizt sein. Und das führt uns zum wichtigsten Punkt: Den Eskalationsstufen.
Deutschland hat überhaupt nichts ausgereizt, um Putin ohne Waffengewalt zu schwächen. Ganz im Gegenteil: Wir verfolgen nun die, die mit einer Aktion, bei der niemand gestorben ist, der russischen Kriegsmaschienerie die Mittel abdrehen wollten.
Bis heute fließt Gas aus Russland nach Europa.
Statt also selbst, aus Solidarität mit der Ukraine, auf ein bisschen Wohlstand zu verzichten, konzentrieren wir uns darauf, Menschen, die aus anderen Ländern zu uns gekommen oder geflohen sind, wieder
abzuschieben. Inzwischen wird in Deutschland das Recht auf Asyl grundlegend in Frage gestellt.
Die Vorstellung, dass wir ein Recht darauf hätten, uns das alles zu nehmen, zeigt, dass die gleiche kolonialistisch-imperialistische Ideologie, die Russland Krieg gegen die Ukraine führen
lässt, auch in Deutschland unterschwellig immer noch gärt. Nicht umsonst zeigen Länder überall auf der Welt eine gewisse Gleichgültigkeit am Krieg in Europa.
Als Klimaliste stellen wir uns ganz klar auf die Seite der europäischen Demokratie. Doch überwunden haben wir den Nationaismus in Europa noch lange nicht. Dass es Russland ist, das sein Nachbarland angegriffen hat und Deutschland seit dem zweiten Weltkrieg auffallend friedlich agiert, liegt ggf. weniger an ideologischen Unterschieden als viel mehr an einer sehr ausgeprägten Gewaltenteilung in Deutschland, die staatliche Strukturen nicht zu übermächtig werden lässt. Doch gerade der Umgang mit Geflüchteten zeigt, dass der deutsche Staatsapparat wieder zunehmend mächtiger und authoritärer wird.
Nur wenn wir Deutschland als Vielvölkerstaat erfolgreich als Demokratie bewahren, werden wir nationalistische Konflikte anderswo schlichten können.
Oder umgekehrt: Wenn es Putins Partei Einiges Russland gelingt, einen Großteil der Bevölkerung für einen kräftezehrenden und völkerrechtswiedrigen Angriffskrieg zu motivieren, dann wird das vermutlich auch einer vergleichbaren Partei in Deutschland gelingen, wenn sie über entsprechende Mittel verfügt. Deswegen ist es so wichtig, demokratische Vielfalt und Gewaltenteilung immer wieder hochzuhalten.