Gut zwei Jahre nach der Räumung startete am Dienstag den 21. Januar um 9:30 Uhr ein weiteres Verfahren am Amtsgericht Frankfurt wegen Hausfriedensbruchs gegen zwei Aktivisti von der Fecherwaldbesetzung. Einer der Angeklagten ist Mitja Stachowiak, aktuell Bürgermeisterkandidat unserer Partei für die Wahl in Reinheim. Im Vorfeld hatte das Gericht die Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit angeboten, aber da das Verfahren gegen die andere Angeklagte in Verhandlung gehen sollte, hatte unser Kandidat die Einstellung abgelehnt.
Richter Berenyi zeigt zu Beginn der Verhandlung Verständnis dafür, durch eine Besetzung den politischen Willen gegen ein Bauprojekt zum Ausdruck bringen zu wollen, kritisiert jedoch, dass der hohe Aufwand einer Räumung oder die Verschleierung der Identität einiger Aktivisti unangemessen seien.
In Erwartung einer solchen Beurteilung der Situation hatte der Angeklagte Stachowiak für seine Einlassung zur Sache einige Parallelen zu einer anderen Besetzung vorbereitet: Die Gemeinde Roßdorf hat auf der gewidmeten aber stillgelegten Bahnlinie 3555 zwischen Darmstadt und Groß-Zimmern ein Altenwohnheim errichtet. Wenngleich ein Neubau der Bahn um das Wohnheim herum technisch möglich wäre, ist der psychologische Effekt der Bebauung auf die örtliche Politik erheblich: So wurde (vmtl. auf Anregung des nun amtierenden Bürgermeisters) im Wahlkampf das Gerücht verbreitet, dass Bahnbefürworter, wie unser damals ebenfalls in Roßdorf wählbarer Kandidat, den Abriss des Altenwohnheims planen würden.
Die Klimaliste stellt fest, dass die Parteien, die heute in Hessen regieren, selbst die Überbauung von Verkehrsinfrastruktur als Druckmittel einsetzen, um politische Entscheidungen zu beeinflussen und ihre politischen Ziele eines grenzenlosen Straßenausbaus voranzutreiben. Mit dem Projekt Riederwaldtunnel sei mitnichten ein Ende des Straßenneubaus in Sicht.
Würde es nur darum gehen, noch diese letzte Lücke zwischen A66 und A661 zu schließen und dann wäre das Straßennetz in der Region perfekt, hätte ich mir die Mühe der Besetzung nicht gemacht,
argumentiert Mitja Stachowiak in seiner Einlassung. Doch kaum war die Besetzung im Fechenheimer Wald geräumt, begannen die einschlägigen Parteien damit, von einem zehn-spurigen Ausbau der A3 bei Frankfurt zu
träumen
Schließlich, führt Stachowiak in seiner Einlassung zu Ende, werden in Deutschland bis 2060 schätzungsweise 7 Millionen Arbeitskräfte durch den demografischen Wandel aus dem Markt verschwinden
In der Hauptverhandlung spielt Stachowiak als Beweis eine Aufzeichnung der polizeilichen Durchsagen am ersten Tag der Räumung ab. Darin werden Menschen, die sich im Rodungsbereich aufhalten aufgefordert, das Gelände zu verlassen. Stachowiak hält ein Foto seines Baumhauses hoch, das einige Tage nach der Räumung gemacht wurde und zweifelsfrei beweist, dass der fragliche Baum bis heute steht und somit nicht im erwähnten Rodungsbereich gestanden haben kann.
Das Videomaterial finden Sie auch in unserem virtuellen Waldspaziergang: Zum WaldspaziergangSpannend wird das Verfahren, als Richter Berenyi eine Zeugin herein bittet, die für die Polizei in der Gefangenensammelstelle gearbeitet hatte. Auf Nachfrage des Angeklagten sagt die Zeugin aus, dass die Umzäunung des Gebiets von der Polizei errichtet, am zweiten Tag fertiggestellt wurde und dazu diente, Demonstrierende bzw. Personen von außen vom Betreten des Rodungsbereichs abzuhalten. Stachowiak stellt fest, dass hier also ein Zaun, der eigentlich als Barriere für Demonstrierende gedacht war, zweckentfremdet wurde, um den Aufenthalt im Rodungsbereich durch die Aktivisti von einer Ordnungswidrigkeit in eine Straftat "aufzuwerten".
Die Staatsanwaltschaft argumentiert, dass ein allgemeiner Platzverweis auch ohne Umzäunung noch an den folgenden Tagen nach Fertigstellung des Zaunes zur Begründung des Vorwurfs des Hausfriedensbruchs geltend gemacht werden könne. Stachowiak verdeidigt sich damit, dass hier eine Aufforderung, ein befriedetes Besitztum zu verlassen, nie erteilt wurde und die Kausalität von Existenz einer Umfriedung und Aufforderung den Bereich zu verlassen, nicht verdreht werden könne.
An dieser Stelle drängte Richter Berenyi darauf, weitere Zeugen zu vernehmen um festzustellen, ob nun das fragliche Baumhaus im Rodungs- oder Sicherheitsbereich stand.
Meine Einschätzung ist, dass es der Richter vermeiden wollte, ohne Rücksprache mit Kollegen einen möglichen Präzendenzfall für eine bestimmte Interpretation des Gesetzestextes zu schaffen,
kommentiert Stachowiak die Verhandlung. Wie diese nun ausgeht, wird in einer weiteren Verhandlung am 12. Februar 2025 um 10:00 Uhr im Sitzungssaal 4_E am Amtsgericht Frankfurt entschieden.
Update: Die Verhandlung fällt anscheinend aus. Hier steht "aufgehoben" an der Tür.