Am vergangenen Mittwoch, den 18. Januar 2023, war Tag X im Fechenheimer Wald in Frankfurt am Main. Die Räumung des seit September 2021 besetzten Waldes begann. Auch unser Landesvorsitzender Mitja Stachowiak befand sich aus Dokumentationszwecken bis zum letzten Tag der Räumung in einem Baumhaus Hochkultur, welches aber nicht im Rodungsbereich sondern im Sicherheitsbereich stand. Daher erfolgte der Platzverweis für die Menschen in diesem Baumhaus erst am Freitag; Mitja seilte sich daraufhin freiwillig zum Boden ab. Als einziges hohes Baumhaus wurde Hochkultur bei der Räumung nicht durch die Polizei vandaliert.
Unser Anliegen ist der Klimaschutz und die Bewahrung der Natur. Wir verstehen es als unsere Pflicht, auch mit friedlichen Protestformen dafür zu kämpfen, wenn alles andere nicht mehr möglich ist. Auch der Ausstieg aus der Atomkraft etwa wurde nicht in den Parlamenten gestartet, sondern durch Proteste einer engagierten Bürgerschaft.
Deshalb sind wir seit dem 16. Oktober 2022 regelmäßig im Fechenheimer Wald aktiv, weil wir uns als Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung verstehen. Parteiarbeit und
Aktivismus ergänzen sich. Wir stehen für Klimagerechtigkeit ein und das nicht nur in den Volksvertretungen, in Social Media und hinter verschlossenen Türen, sondern
auch wenn es darum geht, politische Fehlentscheidungen, die vor Jahrzehnten für Autobahnausbau getroffen wurden, unter dem Aspekt des Klimaschutzes neu zu bewerten.
Der Wald ist ein Ort, an dem Politik dabei bereits versagt hat - und zwar so massiv, dass sich junge Menschen inzwischen mehr und mehr von Politik und Demokratie
abwenden.
Zum Hintergrund: Der seit den 1960er-Jahren geplante Riederwaldtunnel soll die A66 mit der A661 verbinden und laut Autobahn GmbH voraussichtlich bis 2031
fertiggestellt werden. Das Bauprojekt ist Teil des Verkehrswegeplanes und soll aktuell insgesamt 477 Mio Euro kosten, Tendenz steigend.
Außer zu Pendelzeiten ist die A66 auch kaum ausgelastet,berichtet Mitja Stachowiak, der seit Oktober bei der Waldbesetzung gelebt hatte.
Deswegen war es auch kein Problem, diese Straße einfach mal für die drei Tage der Räumung zu sperren. Und natürlich, weil es bei dem Bauprojekt nicht darum geht, für Pendler*innen den Weg zur Arbeit zu erleichtern, sondern darum, ein Autobahnkreuz in Frankfurt zu schaffen, dass weiträumig mehr Verkehr anziehen wird.
Bis zur Fertigstellung des Tunnels rechnen wir damit, dass sich unsere Arbeitswelt dahingehend verändern wird, dass nicht mehr alle Menschen gleichzeitig zur Arbeit fahren müssen, sondern sich die Stausituation dank flexibler Arbeitszeiten und mehr Homeoffice allgemein entspannt.
Durch die Rodung von aktuell 2,2 Hektar des Fechenheimer Waldes und einigen Bäumen im Teufelsbruch wird ein Ökosystem zerschnitten, das sich besonders durch alte
Eichen, Hainbuchen und die unter Artenschutz stehenden Zauneidechsen, Eichenheldbockkäfer und Bechsteinfledermäuse auszeichnet.
Die neuste Pressemeldung
Es steht außer Frage, dass die vollständige Einzäunung des kompletten Bereiches während der Räumung weniger der Sicherheit, als vielmehr dazu diente, den Aktivist*innen statt einer Ordnungswidrigkeit nun auch Hausfriedensbruch als Starftatbestand unterschieben zu können.So kommentiert Alexandra Arndt, die während der Räumung bei der Mahnwache aktiv war, die Maßnahme.
In der Pressemitteilung der hessischen Staatskanzlei vom 18.01.2023
Ich selbst habe einen kurzen Blick auf Herrn Innenminister Peter Beuth erhaschen können, der umringt von Polizist*innen die abgesperrte Autobahnzufahrt besichtigte. Eine Auseinandersetzung mit der friedlich demonstrierenden Zivilbevölkerung hat es nicht gegeben.
Unsere Demokratie krankt, wenn Demonstrationen die zuständigen Entscheidungstragenden nicht erreichen, sondern diese stattdessen beliebig viele Steuergelder dafür verplempern dürfen, eine friedliche Besetzung durch die Polizei räumen zu lassen. Eine Polizei, die eigentlich echte Verbrechen aufklären sollte, statt gegen Ordnungswidrigkeiten mit einem solch maßlosen Aufwand vorzugehen. Als Rechtfertigung dafür wird statt einer zeitgemäßen Untersuchung über die Sinnhaftigkeit des Bauprojekts nur immer und immer wieder das Argument vorgebracht, dass ja die vor vielen Jahren getroffene Entscheidung für den Bau damals demokratisch legitimiert gewesen sei. Dass auch die Waldbesetzung eine gewisse demokratische Legitimation, getragen durch zahlreiche Demonstrationen gegen den Bau der Autobahn, hat, während etwaige Demonstrationen für den Bau nicht zu beobachten waren, wird in der Debatte nur zu gerne vergessen.
Wir brauchen nicht noch mehr Autobahnen in Hessen, sondern eine Verkehrswende und eine Politik, die den Klimawandel in allen Bereichen als das betrachtet, was er ist - eine existentielle Bedrohung für die Menschheit.
Wir bedanken uns bei allen Besetzer- und Unterstützer*innen, die aller Repressionen zum Trotz das Richtige tun und sich für den Erhalt unserer Umwelt einsetzen.